Persönlicher Rennbericht von Elmar Deegener

 

24 Stunden-Rennen Nürburgring 2012:

24 Stunden, die nicht von dieser Welt sind !!!

Ein Marathon zweimal rund um die Uhr. Ein Volksfest des Motorsports und für seine Fans. An einem Ort von Renngeschichten, Abenteuern und Tragödien. Das 24h-Rennen am Nürburgring zieht alle in seinen Bann, Fahrer, Boxencrew als auch die Zuschauer, die jedes Jahr an diese Kultstelle pilgern um zu feiern.

Es beginnt ein Volksfest rund um die „Grüne Hölle“.

Einen ganz besonderen Charakter bekommt diese Feier nicht zuletzt durch die Fans, die rund um die Strecke campierenden. Schon ab Montag vor dem eigentlichen Rennwochenende bauen die ersten Fangruppen ihre Zelte auf. Sie warten gespannt auf die ersten Rennveranstaltungen am Donnerstag um sich schon mal einzustimmen auf den Höhepunkt des Jahres.
Auf den Zeltplätzen herrscht Partystimmung. Die Fans sind durch Aggregate dauerhaft mit Strom versorgt. Kaltes Bier und Musik sind so rund um die Uhr sicher gestellt. Mit allem ausgestattet und mit viel Improvisationstalent sind die Fans also für das „verlängerte“ Rennwochenende bestens gerüstet!

 

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Raeder Motorsport, eine „Super Truppe“ !!!

 

Auch wir, das Audi TTRS Team von Raeder Motorsport, sind guter Dinge. Die Vorbereitung hätte kaum besser laufen können. Der neue TTRS geht wie „Schmidt´s Katze“ und fährt sich dabei wie ein perfekter Rennwagen. Genau so etwas braucht man für das Abenteuer 24H-Rennen-Nürburgring.

Schon im ersten VLN Rennen der neuen Saison 2012 konnten wir mit dem Klassensieg und der 8. Position im Gesamtklassement die Leistungsfähigkeit von Auto, Team und Fahrern unter Beweis stellen. Im 2.VLN Rennen dann die „Krönung“ !!! Wir konnten die „Blaue Lampe“ für das Top 40 Qualifying ergattern.  Thorsten und Hartmut Haas, die mit bewundernswertem Engagement unsere Fanpage pflegen und gestalten haben ja ausführlich darüber berichtet. Und auch beim 24H sind sie voll im Einsatz.

Entsprechend entspannt reiste ich am Mittwoch zum Ring. Einchecken im Dorint, rüber zur Fahrerabnahme und der Einschreibung. Alles ohne Hektik und Stress, das hatte ich schon seit Jahren nicht. Aus beruflichen Gründen konnte ich immer erst Donnerstag Morgen anreisen. Den ersten Liter Schweiß hatte ich dann schon vergossen, bis ich mit den ganzen Formalitäten fertig war. Nicht so in diesem Jahr. Alles ruhig und mit Bedacht.

Auch Training und 1. und 2. Qualifying verlief ohne den Blutdruck unnötig zu steigern. Stefan Landmann hatte die „Blaue Lampe“ erkämpft, deshalb stand früh fest, dass er auch das Top 40 Qualifying fährt. Mit seinen Siegen in der GT-Masters im letzten Jahr hat er bewiesen, dass er zu den ganz schnellen und zuverlässigen gehört.

Und er bestätigt das Vertrauen. Mit einer super Zeit von 8.46 min stand unser TTRS auf Position 38. Um diese Zeit richtig einzuordnen, muss noch folgendes beachtet werden. Gegenüber letztem Jahr ist unser TTRS nun auf 385 PS „eingebremst“ und da die Reifen des Top 40 auch für den ersten Stint verwendet werden müssen, entfällt auch der Einsatz von s.g. Qualifying Reifen, die 2 Runden super funktionieren, dann aber einbrechen. Somit entspricht diese Zeit ca. einer 8.25 min VLN-Strecke mit Quali-Reifen, und das mit einem Fronttriebler. Stefan, das hast du super gemacht !!!

 

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Leider war damit auch der Höhepunkt unseres 24H-Einsatzes erreicht. Durch Entscheidung der Rennleitung waren wir nicht mehr die ersten der 2.Startgruppe, sondern mittendrin im Pulk der Porsche in der ersten Gruppe.

Jürgen fuhr wie immer den Start. Er war nervöser als sonst. Die Situation war für uns neu. Seit 4 Jahren vorne in der 2.Gruppe, jetzt im Getümmel, da geht schnell etwas schief. Und leider sollte sich das ungute Gefühl bewahrheiten. In Wehrseifen Kontakt mit der Streckenbegrenzung. Frontschürze, Scheinwerfer und Felge beschädigt. Das Boxenteam arbeitet perfekt. In wenigen Minuten geht der Audi wieder auf die Strecke. Alles noch mal gut gegangen…dachten wir, doch Stefan als 2. Fahrer meldete Reifenschaden schon auf der Grand Prix Strecke. Also „kleine Runde“ (nur Grand Prix) und rein zum Reifenwechsel. Wieder 3 min. verloren. Das Rennen fängt nicht gut an !!! Aber leider sollte es noch schlimmer kommen.

Beim nächsten Stopp dann Fahrerwechsel von Stefan auf Christoph. Neue Reifen und Auftanken, alles scheint ok. Doch schon auf der Grand Prix Strecke leichte Vibrationen. Christoph tippt auf die Reifen und biegt auf die Nordschleife ein. Die Unwucht wird stärker. Ihm ist nun klar, das kann nur ein loses Rad sein. Er versucht noch den nächsten Punkt, zu dem das Team gut an die Strecke kommen kann, zu erreichen, leider ohne Erfolg. Das Rad macht sich selbstständig und wir haben unseren Auftritt im Fernsehen unter der Rubrik „Besonderheiten beim 24H“. Wir verlieren weitere 40 min. und liegen nun auf Position 139 !!!

Die Stimmung entspricht der Position. Alle Hoffnungen auf ein tolles Rennen sind schon nach 3 Stints dahin. Aber aufgeben gilt nicht !!! Jetzt erst recht !!! Noch ist nicht alles verloren. Willi, Vater von Christoph und Experte fürs Tanken muntert uns auf. „ Jetzt haben wir alles Pech hinter uns, jetzt kann es nur noch nach vorne gehen !“

Und siehe da, wie durch ein Wunder läuft nun alles nach Plan. Stunde um Stunde läuft unser TTRS wie ein Uhrwerk. Um 11.03 Uhr übergebe ich an Jürgen. Keine Besonderheiten. Auto super. Strecke trocken.

 

            

Ich drücke mich noch eine halbe Stunde in der Box rum. Die Mechaniker sind fix und alle. Kein Wunder !!! Viele haben nicht nur an unsrem TTRS geschraubt, sondern auch beim Schwesterteam von Heinz Schmersal. Und die Kollegen hat es richtig erwischt. Abflug im Qualifying. Getriebewechsel. Tag und Nacht geschraubt und dann…. Abflug im Rennen. Maximalstrafe !!!

Ich entscheide noch mal ins Hotel zu gehen, um für den letzten Stint zu entspannen. Gedankenverloren marschiere ich durch die Unterführung zum „alten Fahrerlager“ als mich plötzlich ein junger Mann anspricht. Es ist Ronny Haas und erwünscht uns alles Gute für den Rest des Rennens. Danke Ronny, hat leider nichts genutzt.

Ich liege auf meinem Bett und beobachte den Bildschirm meines Fernsehers. Wir sind in der Zwischenzeit wieder auf Position 27. !!! und mit großem Abstand Führende in der Klasse SP4T. Na ja, wird ja doch noch alles gut.

Aber was ist das? Unser Auto steht und steht und steht……. Ich rufe Thomas Claas unseren Teamchef an. Auto steht ohne Benzin auf der Strecke bei Aremberg. Team ist unterwegs. Kostet uns 2. Plätze im Gesamt, aber die Führung in der Klasse ist nicht gefährdet.

Ich lege mich beruhigt wieder zurück. Der Wecker ist auf 13.30 Uhr gestellt. Um ca. 14.30-15.00 Uhr sollte ich bereit sein für den Abschlussstint. Um 13.00 Uhr rappelt mein Handy. Ich soll doch bitte ins Zelt kommen zur Abschlussbesprechung……Wie, Abschlussbesprechung ??? Ja, hast du nicht mitbekommen? Wir sind raus, technischer Defekt, wahrscheinlich Getriebe.

Meine Stimmung, die sich in den letzten 17 Stunden wieder kontinuierlich nach oben gearbeitet hatte, stürzt wieder auf den absoluten Tiefpunkt. Ich ziehe mich an und hetzte zum Teamzelt. Die Besprechung ist eigentlich schon zu Ende als ich eintreffe. Na ja, was soll man da auch noch besprechen. Es war nicht unser Rennen. Die Summe von Fehlern hat uns früh auf dem Rennen geworfen. Ein dicker Fehler im Material hat es dann schlagartig beendet. So ist das im Motorsport. Mal gewinnt man, mal verliert man.

 

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Und dann sollte man auch die positiven Dinge nicht vergessen. Irgendwie ist das 24H auch wie ein Abenteuerurlaub. Die Teilnehmer, alles liebenswerte „Verrückte“. Egal ob Fahrer, Team oder Fans. Alle sind sie süchtig nach dieser besonderen Atmosphäre. Wie z.B. mein Nachbar (Freund) Werner. Er wohnt nur wenige Häuser von mir entfernt. Aber kennengelernt haben wir uns am Ring, beim 24H. Jedes Jahr ist er dabei. Schon Mitwochs wird mit Wohnmobil, Frau Silvia und Hund Max Position bezogen. Und dann 4 Tage „Benzin schnuppern“. Wenn ich ins Auto einsteige ist er da. Und wenn ich aussteige ist er auch da. Ein gutes Gefühl für mich. Seine Leidenschaft und sein Interesse stehen für alle die, die sich eine Woche vergessen und sich hingeben dem Mythos „Grüne Hölle“.  Die Nordschleife ist das letzte große Abenteuer in einer modernen Rennstrecken-Welt, die von Gleichförmigkeit geprägt ist. Und wir haben dieses Abenteuer gesund und heil überstanden.

Und im nächsten Jahr sind wir wieder dabei !!!

 

 

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