Rennbericht von Elmar

Die Leiden des alten Dee´s ! 

Was für ein Winter ? Schnee in Massen und Testberichte vom Nürburgring, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Ein mit Ketten bestückter Hummer pflügt sich durch 30cm Schnee über die Nordschleife. Spontan hat es mir in der Seele wehgetan, ein solches Ungetüm auf  dem „Heiligtum“ des Motorsportes zu sehen. Aber irgendwie hat es auch wieder die Verzweiflung der schreibenden Zunft zum Ausdruck gebracht, über die nicht enden wollende weiße Pracht. 

Aber seit dem Wochenende ist alles anders! Sie ist wieder erwacht, unsere Nordschleife. Noch etwas verschlafen und mit kaltem Asphalt, aber sie ist wieder da. Und jedes Jahr werden sie mehr, die Werkteams und Profirennfahrer. Auch sie können sich der Faszination dieser Rennstrecke nicht entziehen. War die Langstreckenmeisterschaft schon lange die größte und populärste Rennserie der Welt, so ist sie dabei auch zu der attraktivsten Rennserie aufzusteigen. Mittlerweile  geben sich die Werkteams der wichtigsten Fahrzeughersteller die Ehre. Neben Porsche, Audi und BMW ist nun auch Lexus dabei; von den vielen professionellen Privatteams ganz zu schweigen. Chrysler Viper, Chevrolet Corvette, Ferrari 430 GTC, bis hin zu Exoten wie Ginetta G50... lassen die Herzen der Motorsportfans höher schlagen. 

Und wir sind wieder mittendrin dabei!!! 

Vor 8 Wochen sah die Sache noch gar nicht so gut für uns aus. Unser Audi A3 „Schätzchen“, mit dem wir in der letzen Saison unsere Klasse doch klar dominiert haben, wechselte den Besitzer. Dem Angebot von Mike Jäger, einem Boxennachbarn, konnten wir nicht wiederstehen. Und auch die Gerüchte, über das Aufrüsten unserer Klassenmitbewerber tat sein Übriges.

 Ein neues Auto musste her!!! 

Für Erfolg gibt es viele Rezepte. Ab einem gewissen Alter nimmt aber die Experimentierfreudigkeit ab und man besinnt sich auf Bewährtes.  

1.“Never change a winning Team !”  

Es war also gesetzt, das unter der Leitung und Verantwortung von Nicki und Martin Raeder die neue Saison angegangen wird. Und auch Thomas Claas als Teamchef musste unbedingt sein. Beim Einsatzteam bekamen wir sogar noch Verstärkung aus der FordGT/Lambo Truppe.

Also am Team liegt es mit Sicherheit nicht, wenn wir in dieser Saison nicht wieder vorne dabei sind.

 2. Die Fahrer 

Also auch wir Fahrer sind eine super Truppe. Schon zu Mitsubishi EVO Zeiten haben wir uns gefunden. Von den Rundenzeiten sind wir sehr dicht bei einander; das bringt Ruhe und unterbindet „falschen“ Ehrgeiz. Vom Alter her liegen wir weit auseinander, von Ende 20 bis Mitte 50. Auch diese Tatsache hilft Spannungen zu vermeiden. Gemeinsam finden wir immer die richtige Strategie. 

3. Das Auto

Der Audi A3 war die Überraschung schlechthin!!! Eigentlich wollte ich immer ein Auto mit Allrad (wie meinen geliebten EVO), aber Nicki hatte mich überredet es doch einmal mit dem kleinen, frontgetriebenen A3 zu probieren. Eine Entscheidung, die ich von der ersten Fahrt an nicht bereut habe.

Wenn also der A3 so toll war, wie kann man das noch steigern? Die Wahl war sehr schnell getroffen. Alle waren sich einig auf die bewährte Technik von Audi nicht zu verzichten. Wir wollten ein Auto mit niedrigerem Schwerpunkt und Reserven in der Aerodynamik. Schnell war klar, ein Audi TTS (ohne Allrad) musste her. 

Einen Audi TTS zu beschaffen ist ja eigentlich kein Problem! Eigentlich ! Wenn man aber 8 Wochen vor Saisonbeginn mit einem solchen Projekt startet, muss das Vertrauen in die eigene Leistung und auch der Optimismus grenzenlos sein. Um es kurz zu machen, Raeder Automotive hat wieder das Unmögliche möglich gemacht. Die letzten 3 Tage wurde Tag und Nacht durch gearbeitet und pünktlich am Freitagmorgen lief zum ersten mal der Motor. Optisch noch nicht auf dem angestrebten Stand entschied sich das Team zur Teilnahme am ersten VLN-Rennen und es war eine gute Entscheidung. 

4. Das 1.Rennen 

Vorsichtig, ganz, ganz vorsichtig begannen wir das Training. Schon auf den ersten Metern stellte sich das gewohnte A3 Vertrauen ein. Motor und DSG-Getriebe arbeiteten einwandfrei. Das Fahrverhalten war anfangs stark untersteuernd, dafür war der Geradeauslauf sensationell. Die Hinterachse folgte den Befehlen der Vorderachse. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, werden sie sagen; aber bei unserem A3 hatte die Hinterachse schon ihren eigenen Willen. Sie half beim Lenken kräftig mit; was in den langsamen Passagen zu einem sensationellen Einlenkverhalten führte. Bei den schnellen Kurven oder beim Geradeaus sah unsere Hinterachse aber gar nicht ein, jetzt Ruhe zu geben und so tanzte sie immer ein wenig nach rechts oder links um zu zeigen: „Ich bin auch noch da!“. Jeder Ungeübte, der mal unseren A3 bewegte, bezeichnete ihn als „unfahrbar“. Schlicht eine Beleidigung !!! Unsere Siege und Christoph´s Nordschleifen-Rekord für Frontgetriebene Rennwagen sagen etwas anderes.Zurück zu unserem TTS. Also das Training verlief  gewohnt routiniert. Eine Runde auf Slicks bedeutete gleich den zweiten Platz in unserer stark besetzten Gruppe. 

Jürgen fuhr den Start. Eine logische Teamentscheidung. Verfügte er doch über die „extremstem“ Starterfahrungen. Beim 24H Start hat er die gesamte VW Shirocco Werksarmada hinter sich gelassen. Beim letzten Rennen 2009 hat ihm, in Führung liegend, schon in der ersten Kurve Ende Start/Ziel die Hinterachse (wer auch sonst) den Gehorsam verweigert. Na, ja, nicht viel passiert, schon in der zweiten Runde war er wieder vorne und wir haben das Rennen gewonnen.

Also Jürgen fuhr den Start, Vorgabe... irgendetwas zwischen 24H Start und letztem VLN-Rennen 2009.

Wie wir das gewohnt sind, setzte er die Teamorder perfekt um. Nach problemlosen 8 Runden übergab er mir unser neues Baby natürlich... in Führung liegend!!!

Jetzt im Rennen merkte ich erst, dass ein TTS doch etwas kleiner ist als ein A3. Der Einstieg war etwas weniger „geschmeidig“. Aber erst einmal Platz genommen, gab es kein Halten mehr.

Der Boxenstop wurde perfekt abgewickelt. Endlich raus auf die Rennstrecke, endlich wieder Nordschleife nach fünf langen und kalten Monaten. Das erste was ich merke, kalt ist es in dem TTS nicht, im Gegenteil, an der Innenraumbelüftung müssen wir noch arbeiten. Das ist mir aber jetzt egal! Raus beschleunigen auf den Grand Prix Kurs, anbremsen, einlenken, geht doch... noch nicht so gut wie beim A3 aber wir kommen gut um die Kurve. Auch die zweite Kurve wird mit einem sauberen Strich genommen. Aber Vorsicht, nicht zu übermütig, sonst ruiniert man sich die Vorderreifen schon in der ersten Runde. Nach den ersten Kurven beginne ich mir meine eigene Strategie für meinen Turn aufzubauen. Erste Runde dient der Orientierung. Kein falscher Ehrgeiz, ist ja auch meine allererste Runde auf Slicks auf dem TTS.

Die Eindrücke der Trainings bestätigen sich. Der TTS ist extrem ruhig hat einen Abtrieb wie ein Weltmeister, lenkt aber noch nicht optimal ein. Ist doch eigentlich fürs erste Rennen optimal. In den schnellen Passagen kann man schon richtig drauf halten und in den langsamen übt man sich noch etwas in Geduld. Und genau mit dieser Taktik lief´s toll. In den Schnellen Abschnitten Flugplatz, Schwedenkreuz oder Ende Döttinger Höhe hinter Antoniusbuche, einfach nur genial. Da sind wir sicher 10km/h schneller als mit dem A3. Und auch die Rundenzeiten bestätigen diesen Eindruck. Unser Ziel, im Rennen regelmäßig unter 9.00Min. zu fahren, sollte möglich sein.

Also, es passierte nichts mehr Spektakuläres im Rennen, fast schon Routine. Mit deutlichem Vorsprung, auf Platz 1 in der Klasse und auf Position 23 im Gesamt übergab ich an Christoph, der das Rennen perfekt nach Hause fuhr. Na, ja, fast perfekt. Der Grund: An der Spitze hatte sich ein gnadenloser Kampf zwischen Audi und dem Manthey-Porsche entbrannt. Wenige Runden vor Schluss musste Manthey noch einmal an die Box. Beim Rausbeschleunigen auf die Rennstrecke war er auf gleicher Höhe, wie der heranstürmende Audi von Rostek. Der Bremspunkt vor der scharfen Rechts Ende Start/Ziel war vom Manthey-Porsche sehr spät gesetzt und beinahe hätte es Christoph erwischt, der gerade unschuldig und unbeteiligt einbog. Aber es ist ja gut gegangen und der Blutdruck ist auch wieder auf Normal. Bis in zwei Wochen, dann startet das 2.Rennen der Saison und ich freue mich jetzt schon auf den TTS !!!

 

Gruss ELMAR   

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